Trinkgeld im Hotel

Hmm. Ich habe tätsächlich eher das Gefühl in der Hotellerie Menschen auch etwas gutes tun zu wollen, die sonst wenig verdienen und/oder ausgebeutet werden. (Hierbei beziehe ich mich aber ganz klar auf unserer letzten Reiseziele die allesamt Schwellen oder Entwicklungsländer waren)

Dementsprechend gebe ich auch Trinkgeld in diesen Ländern für ganz normale Leistungen. Dementsprechend verzichte ich auf Trinkgeld zum Beispiel für einen Guide, wenn er eh ein angemessenen Preis verhandelt hat oder das Taxi nicht zu günstig war.

Was ein Fehler ist: Für Land XYZ nach „tipping etiquette in XYZ“ zu googlen.

Man wird viele Berichte finden, wo jemand vor dem Hintergrund der eigenen Sozialisation die eigenen Sitten und Gebräuche auf das Ausland überträgt.

Meine 2c: Schauen, wie es die Inländer machen, auch bei Gelegenheit jemand vor Ort ansprechen. Natürlich nicht das Personal, die sind oft geschult worden, wie sie auf die Frage nach Trinkgeld zu antworten haben. Ausnahme: Wenn es im Hotel eine Service Charge auf einer Rechnung gibt, spreche ich zur Klärung durchaus auch das Personal darauf an. (Ist sie optional oder verpflichtend? Geht sie zu 100% ans Personal?)

Ansonsten wie geschrieben kritisch sein und sich lieber mit Ortsansässigen austauschen als auf Meinungen in irgendwelchen Blogs oder Internetforen zu hören.

Eine Ausnahme: In manchen Hotels der großen US-Ketten, wo die Amis eindeutig das Gros der Gäste ausmachen, vielleicht nicht daran orientieren, was die Bevölkerung vor Ort über Tipping denkt, sondern sich amerikanischen Usancen ein wenig annähern. Wenn ein Hotel wirklich primär auf Amis ausgerichtet ist, hat es sich vermutlich in Entlohnungsstruktur auch etwas an amerikanische Gepflogenheiten angepasst.

In Schwellen- und Entwicklungsländern lege ich für das Zimmermädchen (-mann) jeweils täglich 5 $ oder 5 Euro hin, für den Kofferträger (Rezeption - Zimmer) je nach Gepäck 2 - 5 $ oder Euro, für das Dinner jeweils ca 10% des Rechnungsbetrages in $ oder Euro, für Extras aufs Zimmer bringen 2 $ oder Euro, für den Concierge je nach Organisationsaufwand 5 - 10 $ oder Euro, für Taxi je nach Zeitaufwand bis zu 5 $ oder Euro, für Türöffner Hoteleingang einmalig 2 $, für Strandhilfen (Liegestühle, Handtücher, Sonnenschirme) je nach Aufwand bis zu 5 $ oder Euro, für Trinkgelder Bar je nach Konsumation 1 - ? $, für Privat Sightseeing mit Guide und Chauffeur im Hotel gebucht meist 20 $ oder Euro für Guide, 10 $ oder Euro für Driver, für Frühstücksbuffet kein Trinkgeld.

In Ländern ohne Trinkgeldkultur

  1. Dieses amerikanische Gefummel mit den Extrapreisen nervt mich total - genau wie Verhandeln in Arabien. Sag mir deinen Gesamtpreis und entweder, der sagt mir zu oder eben nicht.

Ich lege ja auch nicht einen Euro im Zimmer neben den Fernseher und einen neben den Wasserkocher und einen auf die Minibar und noch einen Euro auf die Hotelliege, weil die so schön bequem ist, aber nur 50 Cent auf den Whirlpool, weil der könnte ja schon wärmer sein.

Das ist ja mental so anstrengend…

Das gehört für mich alles zum Hotelservice, den ich mit dem Zimmerpreis bezahle. Außerdem ist es für mich sehr USA-kapitalistisch jede Arbeitsleistung, bei der ich ein Stück menschliche Haut sehe, mit Geld zu belohnen - anstatt das jemand seine Arbeit gut macht, einfach weil er das richtig findet. Und der Koch in der Küche und die Frau in der Hotel-Wäscherei bekommen nichts. Wo ist denn da die Logik?

  1. Gleichzeitig weiß ich aber, dass Zimmerpersonal nicht gut verdient und ich verdiene ganz ok und ich finde gute Arbeit soll sich lohnen.
    Als unsere Tochter jünger war, blieben das Hotelzimmer oder der Tisch beim Essen nicht immer so ganz sauber. Da haben wir dann für die Unordnung schon eine etwas höhere „Entschuldigung“ dagelassen, ansonsten eine Kleinigkeit, wenn es die lokalen Bräuche verlangen.

In Ländern mit hoher Trinkgeldkultur
Hier pass ich mich an und schaue was der Reiseführer und Reddit so sagen wieviel und wann - denn die Leute verdienen ja vielleicht sonst gar nichts. Ich versuche in solchen Ländern aber wenn es geht, Services zu buchen, bei denen Tips inklusive sind. Dann habe ich keinen Stress.

Bestechung oder Belohnung
Viele Amis versuchen ja, mit dem Trinkgeld schon vorher zu bestechen, indem sie schon bei der ersten Nacht das Trinkgeld überreichen. Ich gebe immer hinterher und ich wurde bislang eigentlich immer sehr freundlich behandelt. Ich bin aber meist in Europa unterwegs. Da ist die Einstellung gegenüber der Arbeit vielleicht eine andere.

Mir ist noch was sehr Wichtiges eingefallen:

  • Wir waren mal sehr lange für 6 Wochen in einem Apart-Hotel mit Kochnische und hatten am Ende eine Ananas übrig. Die haben einen Mitarbeiter an der Rezeption geschenkt, mit dem wir vorher viel freundlichen Kontakt hatten.
    Das war in Spanien und dort konnte man die Ananas für vielleicht lokal 2-4 Euro kaufen. Es war also nicht wirklich viel wert, aber die Ananas war genau richtig reif und wahrscheinlich sehr lecker. (Darum wollten wir sie auch nicht wegwerfen).
    Noch nie hat sich jemand bei einem Trinkgeld derart bedankt. Er strahlte über das ganze Gesicht und war persönlich höchst erfreut.

  • Unsere Tochter hat im Hotel für Angestellte, die sie mochte, Bilder gemalt, z.B. für einen Kellner im Restaurant.
    Die waren bei der Übergabe auch erfreut.

  • Einen Koch haben wir mal nach einem Rezept gefragt, weil ein Gericht außergewöhnlich gut schmeckte und ihm auch dazu gratuliert wie gut er kocht. Er war sehr erfreut und wir haben ein tolles Rezept bekommen, was wir seitdem oft gekocht haben. Wenn wir es kochen, ist es jedesmal wie ein kleiner Urlaub in dem tollen Hotel.

Egal ob man Trinkgeld nun gibt oder nicht, solcher persönlicher Kontakt sollte immer sein.

1 „Gefällt mir“

…was dazu führt, dass solche Jobs verschachert werden und das Geld nach irgendeinem korrupten System aufgeteilt wird.

Übriggebliebene Lebensmittelreste zu verschenken die man sonst wegwerfen muss würde ich nicht wirklich als Trinkgeld bezeichnen.

Das ist genau mein Punkt. Danke!

Es war kein Trinkgeld, sondern eine superleckere Ananas. Von seinem Gehalt pro Stunde hätte er sich viele Ananas kaufen könnte. Es war etwas persönliches, weil wir an ihn gedacht hatten, statt diese perfekte Ananas einfach wegzuwerfen. Menschlicher Kontakte statt Geld.

Eine solch perfekte Ananas als „Lebenmittelrest“ zu bezeichnen, finde ich allerdings unpassend. Als Fruchtliebhaber würde sie eher als „Lebensglück pur“ bezeichnen.

6 „Gefällt mir“