Ich würde auch ein paar grundsätzliche Worte zum Sachverhalt schreiben wollen. Dies ist keine Rechtsberatung!
Was fällt auf? Die rechtliche Asymmetrie zwischen Airlines und Verbrauchern.
Airlines können Tage oder sogar Wochen nach einer Buchung vom Vertrag zurücktreten, mit Verweis auf einen „Irrtum“ gemäß § 119 BGB. Das ist juristisch erlaubt, wenn der Fehler unmittelbar erkannt und die Anfechtung „unverzüglich“ erfolgt (§ 121 BGB) – doch was „unverzüglich“ heißt, wird bei Airlines großzügig interpretiert. Für Verbraucher dagegen gibt es kein gesetzliches Widerrufsrecht – nicht einmal 5 Minuten nach der Buchung.
Grund ist Artikel 16 lit. l der EU-Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU), der Flugbuchungen vom Widerrufsrecht ausnimmt. Zwar schützt § 307 BGB Verbraucher vor unangemessenen Vertragsbedingungen (z. B. benachteiligende AGB-Klauseln), aber dieser Schutz greift oft zu spät – oder wird gar nicht genutzt.
Ich denke beide Seiten sollten grundsätzlich stornieren können – insbesondere im Fall eines Irrtums. Dass Airlines dabei etwas mehr Spielraum haben, mag nachvollziehbar sein, da sie komplexe Buchungssysteme mit großen Kontingenten verwalten. Genau deshalb wäre ein klar geregelter Rechtsrahmen nötig, der verbindlich festlegt, wann und wie beide Seiten vom Vertrag zurücktreten dürfen – ohne rechtliche Nachteile oder Unsicherheit.
Ein Blick in die USA zeigt, dass es auch fairer geht: Dort gilt eine Regel, wonach Airlines bei Buchungen mit mindestens 7 Tagen Vorlauf entweder eine 24-Stunden-Stornierungsmöglichkeit oder eine kostenfreie 24-Stunden-Reservierung anbieten müssen (US-DOT-Regelung). Das schützt Kunden vor Fehlbuchungen – ohne das System zu überlasten.
Eine denkbare Lösung für Europa wäre: 24 Stunden Widerrufsrecht für Verbraucher, etwa 7 Tage für Airlines. Wichtig dabei: Die Anwendung des Irrtumsrechts könnte dann deutlich eingeschränkt oder klarer geregelt werden – Airlines sollten sich weiterhin auf Irrtumsanfechtung berufen dürfen, aber nur bei offensichtlichen, unmittelbar erkennbaren Fehlern. Ziel sollte sein, dass Irrtumsanfechtungen nicht länger als pauschales oder opportunistisches Mittel zur Vertragsauflösung missbraucht werden.
Natürlich muss auch berücksichtigt werden, dass Airlines spontane Massenstornierungen durch Verbraucher fürchten – z. B. wenn jemand aus reiner Opportunität oder nach Auffinden eines besseren Angebots „rückgängig“ machen will. Aber genau deshalb braucht es einheitliche, transparente und faire Fristen für beide Seiten.